Vom OP-Tisch auf die Skipiste: Teil 1

Endlich ist es so weit: es schneit und schneit und schneit …
Nach und nach eröffnet ein Skigebiet nach dem anderen die heiligen Tore. Lange hat es nicht mehr einen solch schneereichen Saisonstart gegeben. Auch ich konnte es einfach nicht mehr abwarten und habe die Skisaison 2017/2017 schon mit Tag 1 und 2 eingeleitet.

Nach meinem Unfall in den Dolomiten und der daraus resultierenden Knie-OP im Juli habe ich ein Ziel niemals aus den Augen verloren: ich wollte unbedingt zum Saison-Opening im Oktober wieder auf zwei Brettern stehen! Dass dieses Ziel recht überambitioniert war, stellte sich ziemlich schnell heraus, aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Ich wollte es unbedingt vor Weihnachten 2017 noch auf die Piste schaffen!

An dieser Stelle ist nach vielen vielen Fragen, Genesungswünschen und Daumen drücken auf Social Media nun endlich der Zeitpunkt gekommen ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern. Deswegen gibt es heute für euch meine Story 2017: vom OP Tisch auf die Skipiste: Teil 1.

Vom OP-Tisch auf die Skipiste

Im vergangenen Jahr manifestierte sich in meinem Kopf die Idee im Sommer 2017 mehrere Gipfel zu erklimmen. Unter anderem sollte es die Zugspitze und der Großglockner sein. Kein leichtes Ziel für eine Hamburger Deern, aber eine Herausforderung auf die ich mich akribisch und mit großer Leidenschaft vorbereitete. Hinzu kam, dass ich ein zweites Mal die Alpenüberquerung laufen und endlich die Watzmann-Überquerung meistern wollte. Als ich dann von Bergans eingeladen wurde beim Projekt Gipfelglück im Juni auf den Großglockner zu steigen gab  kein Halten mehr und es war klar: der Sommer 2017 sollte mein Bergsommer werden! Beruflich lief es gut, auch privat gab’s kein Grund sich zu beschweren. Alles in allem begann mein Jahr mit einem angenehmen Flow – bis sich plötzlich mit einem lauten Knall das Leben einmischte.

Beim Zustieg in den Dolomiten stürzte ich und meine Kniescheibe verabschiedete sich – mit ihr der Knorpel und das MPFL Band meines linken Knies. Ich kletterte zunächst weiter und quälte mich mit dem MTB noch den Berg bis zu Dolomitenhütte hinunter. Allerdings war schnell klar, dass ich wohl eher ein Fall für den Heli gewesen wäre. Nachdem ich mich selbst die 10h von Lienz nach Kassel zurück gefahren hatte, war nach einem Besuch in der Notaufnahme klar, dass mein Knie ziemlich gelitten hatte und ich um eine kurzfristige Knie-OP nicht herum kommen würde.

Anekdote meiner Heimfahrt: ich hielt in regelmäßigen Abständen beim Restaurant zum Goldenen M um mangels Kühlpad mit Getränkeeis mein Knie zu kühlen. – Not macht erfinderisch. 😉

 

Was führt mein Leben da gerade im Schilde?

In dem Moment, indem mir der Orthopäde meine Diagnose mitteilte brach für mich eine Welt zusammen. Man sieht mich nicht oft weinen, aber an diesem Morgen in der Hamburger Orthopädie-Praxis hat es mir den Teppich unter den Füßen weggezogen. Die Prophezeiung des Arztes: kein Wandern, kein Skifahren und kein Klettern mehr. Kurzum: zukünftig keine kniebelastenden Tätigkeiten.
Ich hab keine Ahnung mehr wie ich an diesem Morgen zurück nach Hause gekommen bin. Ich erinnere mich nur noch daran, wie ich vollkommen fassungslos, wütend und am Boden zerstört Zuhause saß und mir immer und immer wieder die Frage durch den Kopf ging: Was hat mein Leben in Gottes Namen gerade mit mir vor???
Nach Jahren des Kampfes gegen die Depression habe ich in den letzten Jahren endlich meinen Herzensplatz in den Bergen gefunden – meine große Leidenschaft fürs Wandern, Bergsteigen und Skifahren entdeckt und nach und nach gelernt mit der positiven Energie aus den Bergen die dunklen Gedanken in Schacht zu halten. Und nun DAS – was für eine Scheisse!

Day 1 

Am 13. Juli 2017 war dann der große Tag gekommen und ich kam unters Messer. In der Parkklinik Manhagen wurde unter Vollnarkose eine MPFL-Plastik vorgenommen, Splitter aus dem Gewebe entfernt und mein kaputter Knorpel versorgt. Im Voraus hatte ich mir zahlreiche YouTube Videos und OP-Berichte im Internet angeschaut bzw. gelesen, um mich gedanklich auf das Schlimmste einzustellen: Drainage und Schmerzen bis zum Umfallen (wortwörtlich). Aufgrund meiner massiven Angst vor Spritzen hatte ich mich gegen einen Schmerzkatheter entschieden und lies mir einen Nerv im linken Bein betäuben. Das hatte zwar zur Konsequenz, dass ich mein linken Bein die ersten 24h nach der OP nicht bewegen konnte, allerdings sollte ich so vor den schlimmsten Schmerzen verschont bleiben.

Der erste klitzeklein Hoffnungsschimmer im Aufwachraum: eine Drainage hatten sie mir im OP nicht gelegt. Eine ganz besonders nette Geste: an der Wand hing ein Bild vom Tiroler Alpenpanorama. Ich war erstaunt wie gut ich die Narkose verkraftete und mampfte schon noch 1,5h mit großem Appetit mein Käsebrot zum Abendessen.

Nach zwei Nächten in der Parkklinik wurde ich entlassen. Gott sei Dank waren meine Eltern nach Hamburg gekommen um mich nach Hause zu fahren, denn in dem Moment als ich die vertrauten vier Wände des Krankenhauses verlies empfing mich die grausame Realität mit einem heftigen Schlag: das Einsteigen ins Auto mit Krücken und einem steifen Bein war ein Kampf, jeder Gang auf die Toilette musste im Voraus geplant werden und die aller größte Herausforderung für mich als Nadelhasser: die Insulin-Spritzen, die ich mir zwei Wochen lang jeden Abend selbst setzen musste.

Das Leben nach der OP

Ich quälte mich 2 mal die Woche zur Physiotherapie und versuchte täglich vor die Tür zu gehen und mich im Rahmen meiner Möglichkeiten zu bewegen. Es stellte sich eine gewisse “Krankheitsroutine” ein und ich war positiv überrascht: die Schmerzen hielten sich, zumindest tagsüber, in Grenzen. Die Nächte hingegen waren der absolute Horror, ich schlief kaum, hatte Schmerzen und meine Gedanken verselbstständigten sich: was wenn ich nie wieder laufen können würde?

Es ging mir psychisch immer schlechter. Mir fehlte die körperliche Bewegung, die Leichtigkeit des Alltags und es setzte mir schwer zu, dass all meine Bergpläne, auf die ich so lange hintrainiert hatte, von einem Tag auf den andern in ungreifbare Ferne gerückt waren.
Und dann kam dieser Abend, an dem ich fix und fertig von der Physiotherapie nach Hause kam. Es hatte geregnet, ich konnte aufgrund der Krücken keinen Schirm halten und meine Regenjacke lag Zuhause – wie ein begossener Pudel kam ich Zuhause an, leerte den Briefkasten und hielt meine sofortige fristlose Kündigung in den Händen.

… Fortsetzung folgt …

1 Kommentar zu “Vom OP-Tisch auf die Skipiste: Teil 1

  1. […] sich plötzlich mit einem lauten Knall das Leben einmischte. Was passiert ist, hab ich euch bereits hier […]

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